Zytomegalie während der Schwangerschaft
Zytomegalie – oder auch Einschlusskörperchen-Krankheit genannt – ist eine im Grund harmlose Herpes-Infektion, die fast die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland schon einmal durchlebt hat. Da diese Erkrankung normalerweise komplett ohne oder höchstens mit leichten Symptomen einer Grippe einhergeht, wissen die Betroffenen gar nicht, dass es sich dabei um eine Herpes-Infektion handelt.
Hat man sich allerdings einmal mit dem Cytomegalie-Virus (CMV) infiziert, so trägt man den Erreger ein Leben lang mit sich herum und kann immer wieder erkranken. Eine Immunisierung findet nicht statt, was für einen gesunden Menschen aber üblicherweise ohne Folgen bleibt.
Lebensgefahr für das Kind
So harmlos sich diese Herpes-Infektion anhört, so gefährlich und heimtückisch ist sie für werdende oder auch frischgebackene Mütter. Besonders gefährlich ist Zytomegalie, wenn die werdende Mutter zum ersten Mal mit dem 90 nm großen Erreger, der DNA erhält, in Berührung kommt. Gerade im ersten und zweiten Trimester der Schwangerschaft wird die Infektion mit diesem Herpes-Erreger für das ungeborene Kind lebensbedrohlich. Da das ungeborene Kind im Mutterleib in den ersten zwei Schwangerschaftsdritteln noch nicht über ein gut entwickeltes Immunsystem verfügt, ist es dem Virus gnadenlos ausgeliefert und in seiner Entwicklung stark gefährdet. Es kann zu frühzeitigen Aborten oder zu Fehl- und Missbildungen. Dies beinhaltet Fehlbildungen des Magen-Darm-Traktes und des Herz-Kreislauf-Systems.
Üblich sind auch Missbildungen am Skelett und den Muskeln sowie Blutplättchen-Mangel, Blutgerinnungsstörungen, Einblutungen in der Haut und den Organen. Sehr häufig tritt dabei eine Schädigung des Gehirns auf, welche zur Folge hat, dass das Kind unter einer Seh- und Hörschädigung, Wachstumsstörung oder im schlimmsten Fall einer schweren geistigen Behinderung leidet. Bei ungefähr 30 Prozent aller Fälle überleben die Kinder die Infektion mit Zytomegalie nicht. Erfolgt eine Infektion im letzten Trimester der Schwangerschaft, so sind die Folgen meist eher gering, denn in diesem Stadium verfügt das ungeborene Kind schon über ein weitaus besseres und ausgereifteres Immunsystem, als in den ersten zwei Trimestern.
Zytomegalie zählt zu den häufigsten Infektionskrankheiten
Etwa 60 Kinder sterben jährlich durch Zytomegalie und auch, wenn mehr als 1.000 Kinder jährlich diese Infektion im Mutterleib zwar überleben, so kommen diese Kinder doch mit meist einer oder sogar mehreren der eben beschriebenen Behinderungen auf die Welt. Erkrankungen wie Toxoplasmose oder Röteln sind für jede Schwangere durchaus geläufige Begriffe. Doch dass gerade eine Infektion mit Zytomegalie zu den häufigsten Infektionskrankheiten zählt, die eine Mutter auf ihr ungeborenes Kind übertragen kann, ist weitestgehend unbekannt.
Aber nicht nur werdende Mütter sind betroffen, sondern Gleiches gilt ebenso für stillende Mütter. Sie übertragen unwissend den Herpes-Erreger über die Muttermilch auf das Neugeborene. Wie ernst eine Infektion mit diesem Herpes-Virus ist, verdeutlicht auch die Tatsache, dass diese Erkrankung während der Schwangerschaft meldepflichtig ist.
Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung während der Schwangerschaft
Zwar handelt es sich bei Zytomegalie um eine der häufigsten Krankheiten, die eine werdende Mutter auf ihr Ungeborenes übertragen kann, dennoch ist die Wahrscheinlichkeit sich überhaupt während oder kurz nach der Schwangerschaft mit diesem Virus anzustecken insgesamt eher gering.
Lediglich 0,3 bis 2 Prozent aller Schwangeren in Deutschland stecken sich jährlich mit dieser Herpes-Infektion an. Weil Zytomegalie nicht behandelbar ist, werden schwangere Frauen gar nicht über die Risiken einer möglichen Ansteckung informiert. Man kann sich weder dagegen impfen lassen, noch lässt sich die Übertragung der Viren auf das ungeborene Kind im Mutterleib verhindern. Es gibt also kein Heilmittel für Mutter und Kind.
Bluttest auf CMV-Antikörper
Die einzige Möglichkeit, die einer Frau bleibt, die entweder schwanger werden möchte oder es bereits ist, ist sich per Bluttest auf CMV-Antikörper untersuchen zu lassen. So erfährt die Frau, ob sie den Virus bereits in sich trägt oder ob sie erstmalig damit in Kontakt kommen könnte.
Welchen Nutzen man aus dieser Information für sich ziehen kann? Die Erklärung ist relativ einfach: Die Gefahren für das ungeborene Kind sind bei einer Erstinfektion der Mutter mit Zytomegalie weitaus gravierender als bei einer Zweitinfektion. Es ist nachgewiesen, dass sich lediglich bei zwei Prozent der Betroffenen einer Zweitinfektion der Virus überhaupt noch auf das Baby überträgt. Und selbst wenn es zu einer Übertragung kommt, so ist trägt das Kind in den seltensten Fällen eine Schädigung körperlicher oder geistiger Art davon.
Erfährt man aufgrund des Bluttests, dass man den Herpes-Virus nicht in sich trägt, so kann man sich und sein ungeborenes Kind aber zumindest so gut wie möglich versuchen, vor einer Erst-Infektion zu schützen.
Empfehlenswert ist auch den Test in regelmäßigen Abständen zu wiederholen, aber leider gehört dies nicht zu den Vorsorgeuntersuchungen, die im Rahmen einer Schwangerschaft seitens der Krankenkasse übernommen wird. Aus diesem Grund bieten auch die wenigsten Frauenärzte ihren Patientinnen überhaupt diese Untersuchung an. Möchte man aber dennoch Gewissheit haben und sich regelmäßig untersuchen lassen auf Zytomegalie, so kostet ein CMV-IgG-Test um die 35 Euro.
Wie erfolgt eine Infektion?
Doch wenn man sich möglichst vor einer Infektion schützen möchte, so muss man zunächst erst einmal wissen, wie man sich mit Zytomegalie infizieren kann.
Leider sind die Möglichkeiten der Übertragung genauso effektiv wie vielfältig. Im Grunde überträgt sich CMV über alle möglichen Körperflüssigkeiten: Tröpfchen-/Schmierinfektion, Speichel, Urin, Sperma, Blut und Zervixschleim. Sich vor einer derartigen Fülle an Infektionsmöglichkeiten zu schützen scheint geradezu unmöglich und zugegebenermaßen ist es auch wirklich sehr schwierig. Da die Erkrankten ja meistens gar nicht mitbekommen, dass sie den Virus in sich tragen, kann man sie im Grunde ja gar nicht als potentielle Gefahr einstufen.
Zudem sind sich die Fachleute auch nicht einig darüber, welchen genauen Rahmen die Inkubationszeit umfasst. Ratsam ist es allerdings sich von Kindern unter 3 Jahren fernzuhalten, da sie sich meistens innerhalb der ersten zwei Lebensjahre mit dem Virus infizieren. Gefährdet sind also in diesem Zusammenhang vor allem Mitarbeiterinnen und Erzieherinnen in Kinder-Tageseinrichtungen. Eine weitere Gefahrenquelle kann sogar der eigene Partner darstellen. Wenn er den Virus in sich trägt, so kann er diesen problemlos über den Speichel beim Küssen oder dem Sperma beim Geschlechtsverkehr an seine Partnerin übertragen.
Es ist also wirklich kaum machbar sich vor einer potentiellen Ansteckung zu schützen, aber wie bereits erwähnt, liegt die Häufigkeit einer Infektion während oder kurz nach der Schwangerschaft bei zwei Prozent. Also muss man nicht in Panik verfallen, aber wenn man weiß, dass sich der Kontakt zu einer erkrankten Person nicht vermeiden lässt, so ist vorbeugend ein Mundschutz zu tragen und die Hände sind regelmäßig zu waschen und zu desinfizieren.
Kein Heilmittel gegen Erreger
Natürlich laufen im Rahmen der Forschung viele verschiedene Tests, um diesem Herpes-Erreger effektiv entgegentreten zu können. Doch ein Heilmittel wurde bislang eben nicht gefunden, was nur den Versuch offen lässt, den Erreger möglichst einzugrenzen und eine Übertragung auf das ungeborene Kind mit allen Mitteln zu verhindern.
Ob diese Methoden Erfolg bringen, zeigen regelmäßige Ultraschall- und Fruchtwasseruntersuchungen. Bei ungeborenen Kindern weisen Kalkablagerungen im Gehirn und Blutergüsse im Herzen auf eine Infektion mit Zytomegalie hin. Unter diesen Umständen können werdende Mütter auch einen Schwangerschaftsabbruch in Erwägung ziehen, da eine medizinische Indikation vorliegt. Leider erfolgt die Diagnose meist erst um die 20. Schwangerschaftswoche herum oder sogar noch später.
Die meisten Infektionen mit CMV enden leider tatsächlich in einem Schwangerschaftsabbruch, einer Fehl- oder einer Totgeburt. Doch es gibt auch andere Fälle und diese statistischen Zahlen stimmen wieder etwas positiv.
Verfügt beispielsweise die Mutter über ein intaktes Immunsystem, so gelingt es dem Erreger nur in 40 Prozent der Fälle, bis in den Mutterleib vorzudringen. Selbst wenn der Virus die Plazenta-Schranke durchbrechen konnte, so kommen doch ca. 90 Prozent aller betroffenen Kinder ohne Krankheitssymptome zur Welt. Spätfolgen kann man hierbei leider nicht komplett ausschließen. Doch wenn man auch hier weiter die Zahlen betrachtet, so klingen diese durchaus optimistisch.
Von den 90 Prozent aller infizierten Kinder, die während der Schwangerschaft als auch danach keinerlei Krankheitsanzeichen aufweisen, kommt es lediglich bei acht bis zwölf Prozent von ihnen zu einer späteren Störung in ihrer Entwicklung. Hierbei handelt es sich oft um entwicklungsverzögerte Störungen, aber möglicherweise auch um einen vollständigen Verlust des Hörvermögens.
Infektion während der Geburt
Wurde das ungeborene Kind nicht im Mutterleib mit Zytomegalie infiziert, so birgt die Geburt an sich noch eine mögliche Gefahr der Ansteckung. Beim Passieren des infizierten Geburtskanals kann sich das bislang gesunde Kind mit dem Virus genauso anstecken, wie kurz nach der Geburt durch die Muttermilch. Leider ist bei einem infizierten Neugeborenen zunächst keinerlei Einschränkung in jeglicher Form erkennbar. Es scheint gesund.
Oft dauert es mehrere Wochen oder sogar Monate bis sich erste Symptome zeigen, die auf Spätfolgen hindeuten. Hierbei kann es sich um organische Schädigungen aber auch um Defizite der körperlichen und geistigen Entwicklung sowie verschiedenen anderen gesundheitlichen Einschränkungen handelnd, die dann erst zutage treten.
Weiß eine junge Mutter, dass sie unter dem Herpes-Virus leidet, so kann sie ihr Baby dennoch mit ihrer Muttermilch ernähren, wenn auch nicht auf direktem Weg. Hierbei gibt es verschieden Methoden, um den Erreger aus der Muttermilch zu eliminieren: Einfrieren, Erhitzen oder auch Erhitzen und dann wieder abkühlen lassen. Letztere Methode sorgt dafür, dass der Herpes-Erreger abgetötet wird, aber die guten Nähstoffe der Muttermilch für den Säugling erhalten bleiben.
Laufende Studien zu Zytomegalie
Derzeit liegt alle Hoffnung auf den laufenden Studien zu dieser Krankheit, um irgendwann ein effektives Medikament zur Heilung oder Vorbeugung in den Händen zu halten. Bis dahin bleibt werdenden Müttern nur die Option auf einen Bluttest zu drängen, um über ihre persönliche Situation Gewissheit zu erlangen. Ist diese Erkrankung auch aufgrund ihrer unscheinbaren Erscheinung sehr heimtückisch und unberechenbar, so zeigen die vielen positiven Statistiken doch, dass eine solche Infektion durchaus ein gutes Ende für Mutter und Kind nehmen kann.
Wichtig ist es, mit seinem Frauenarzt über diese Infektions-Möglichkeit zu sprechen und sich ausgiebig informieren zu lassen. Wissen mindert oftmals die Angst vor dem Ungewissen und lässt einen vernünftig mit der möglichen Gefahr für das eigene Kind umgehen, ohne in unnötige Panik zu verfallen.
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