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Ungewollt kinderlos

Auch in der heutigen Zeit bleiben viele Paare kinderlos, obwohl die ungewollte Kinderlosigkeit medizinisch als behebbar gilt. Viele medizinische Verfahren verhelfen Paaren zum Wunschkind und die Medizin hat diesbezüglich große Fortschritte gemacht. Aber nicht allen Paaren kann geholfen werden, für viele Menschen hat sich das Schicksal anders entschieden. Betroffene Paare leiden sehr unter diesem nicht erfüllbaren Wunsch und sprechen oft nicht darüber, denn in der Gesellschaft ist der unerfüllte Kinderwunsch auch heute noch ein Tabuthema. Laut Statistik bleiben in Deutschland sechs Millionen Menschen ungewollt kinderlos.

Entscheidet man sich in Gedanken für ein Kind, ist es gedanklich bereits geboren. Und dieser Gedanke lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Man weiß auch, dass es wichtiger für die Menschen ist, die Gewissheit zu haben ein Kind bekommen zu können, als tatsächlich ein Kind zu bekommen.
Leider entspricht die ungewollte Kinderlosigkeit nicht der gesellschaftlichen Norm und wird dementsprechend tabuisiert. Auch Betroffene hüllen sich lieber in Schweigen, statt über dieses doch sehr heikle Thema zu sprechen. Warum das so ist, lesen Sie in dem nachfolgenden Text.

Warum halten sich viele bedeckt, wenn es um die ungewollte Kinderlosigkeit geht?

Die Medien berichten zuhauf über medizinische Verfahren, die eingesetzt werden, damit Paaren, die sich ein Kind wünschen, geholfen werden kann. Man liest viel über Hormoneinnahmen und künstliche Befruchtung, hingegen wenig über Paare, bei denen keines dieser Verfahren zum Erfolg geführt hat. Über Adoptionen wird auch hinreichend öffentlich diskutiert, jedoch wird wenig darüber berichtet, wie kinderlose Paare mit dieser doch belastenden Situation umgehen und wie groß der Leidensweg sich gestaltet. Auch die Betroffenen selbst sind bei diesem intimen Thema sehr zurückhaltend. Wenn sich die Betroffenen doch einmal äußern, tun sie es oft im Zuge der Anonymität. Gerade Männer zeigen sich diesem Thema gegenüber sehr wortkarg.

Menschen, die selbst betroffen sind, können sich meist nicht dazu entschließen öffentlich davon zu berichten.

Experten sprechen von drei Gründen, die dafür verantwortlich sind, dass betroffene Menschen sich meist in Schweigen hüllen und ihren unerfüllten Kinderwunsch nicht gerne öffentlich kundtun.

1. Eigennutz

In vergangener Zeit waren es eher neben der wirtschaftlichen Absicherung auch die Arterhaltung sowie die soziale Konformität, was für den Kinderwunsch der Menschen verantwortlich war. Diese Motive sind dem heutigen Grund, der Selbstverwirklichung, gewichen. Dies wurde beim Befragen der betroffenen Menschen ermittelt. Weitere Motive für Kinderwunsch sind: Menschen schaffen sich ein Ebenbild und geben somit ein Stück von sich selbst weiter. Bei anderen handelt es sich eher darum im Alter nicht alleine zu sein oder aber auch auf das Kind Heils- und Glückserwartungen zu projizieren, die dem eigenen Leben vorenthalten blieben.

Millay Hyatt, eine Autorin, die selbst keine Kinder bekommen kann, bringt Folgendes zum Ausdruck: „Zutiefst persönliche Ursehnsüchte kreuzen sich hier mit einem utopischen Begehren nach einer besseren Welt.“

Jeder, der sich um den eigenen Nachwuchs bemüht, kommt an der Frage „nach dem Warum“ nur schwerlich vorbei. Eigennutz anzugeben ist nicht einfach, da entscheiden sich viele eher für das Schweigen. Durch das Schweigen ändert sich aber leider nichts an der Tatsache der ungewollten Kinderlosigkeit, vielmehr setzen sich dieser Schmerz und auch die Motive tief in den betroffenen Menschen fest.

Paare, die Kinder bekommen können, machen sich um solche Beweggründe keine Gedanken, weil sie nie wirklich damit konfrontiert wurden. Dieser Egoismus vieler Menschen ist diesen Paaren nicht bewusst, da sie sich noch nie mit diesem Thema für sich selbst auseinandersetzen mussten.

2. Unwucht in der Beziehung

Zu unserem modernen Leben passt sie nicht – die ungewollte Kinderlosigkeit. Außenstehende betrachten die ungewollte Kinderlosigkeit meist als Problem des Paares, dennoch stimmt das nur in einigen Fällen. Vielmehr ist der Mann zeugungsfähig und die Frau unfruchtbar oder eben umgekehrt. Durch dieses Bild, das unsere Gesellschaft prägt, muss der unfruchtbare Partner in einer Beziehung nicht nur mit dem eigenen Schmerz fertig werden, vielmehr macht sich auch ein Schuldgefühl dem fruchtbaren Partner gegenüber breit, das sehr quälend sein kann. Der gesunde Partner hingegen muss sich mit dieser unumgänglichen Entscheidung auseinandersetzen, einer Entscheidung, die er so nicht treffen wollte, und wird sich bewusst, dass diese Entscheidung mit einem anderen Partner hinfällig wäre. Soll man nun trotzdem zusammenbleiben? Diese Frage stellen sich in dieser Situation viele Paare.

3. Gesellschaftlicher Fortschritt im Konflikt mit der Natur

In der heutigen Zeit entscheiden sich viele Frauen erst um die 30 für ein Kind, da andere, meist berufliche Wichtigkeiten, im Vordergrund stehen. In Zahlen ausgedrückt heißt dass: Ein Fünftel aller Mütter bekommt ihr erstes Kind nach dem 36. Lebensjahr. Dennoch tickt die biologische Uhr: Bei 30-jährigen Frauen liegt die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden bei 60 Prozent und bei 40-jährigen Frauen nur noch bei 40 Prozent. Die Entscheidung der Familienplanung wird später als zu früheren Zeiten getroffen und somit sinken gleichzeitig die Chancen, schwanger zu werden. Und selbst bei einer künstlichen Befruchtung sind weniger als ein Drittel erfolgreich.

Das Problem betrifft auch ältere Männer: Männer ab 40 verfügen ebenfalls über eine begrenzte Fruchtbarkeit.

Wer kinderlos bleibt, zerbricht nicht selten daran. Viele schweigen und leiden still mit sich selbst, andere wiederum versuchen, ihrem Leben einen anderen Sinn zu geben und kommen schließlich darüber hinweg.

Zahlen und Fakten

Die sechs Millionen Männer und Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben, sind zwischen 25 und 59 Jahre alt. In Zahlen ausgedrückt, ist das ein Sechstel aller Menschen dieser Altersgruppe. Rein prozentual betrachtet, liegen die Ursachen mit 30 Prozent beim Mann, mit 30 Prozent bei der Frau und mit 30 Prozent an beiden Partnern. Bei etwa zehn Prozent ist die Ursache nicht bekannt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau schwanger werden kann oder unfruchtbar ist, verändert sich mit dem Alter, das heißt je älter eine Frau ist, desto schlechter stehen die Chancen überhaupt schwanger zu werden. Während bei einer jungen Frau mit etwa 20 Jahren die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Schwangerschaft bei mehr als 80 Prozent liegt, sind es bei 30-jährigen Frauen nur noch 60 Prozent. Hingegen liegt die Unfruchtbarkeit bei Frauen um die 20 bei eins bis zwei Prozent und bei einer Frau über 45 bei ungefähr 80 Prozent.

Vergleicht man die Anzahl der Geburten pro Jahr mit dem Alter der jeweiligen Frauen, lässt sich laut Statistik leicht erkennen, dass in der heutigen Zeit, die 30-34-jährigen Frauen ganz oben stehen, während Ende der 1980er Jahre, die 25-29-jährigen Frauen an der Spitze zu finden waren. Und im Jahre 1972 hatten Frauen der Altersgruppe zwischen 20 und 24 Jahren die meisten Kinder zur Welt gebracht.

Die künstliche Befruchtung

Wenn man von künstlicher Befruchtung spricht, meint man die Insemination, bei der der männliche Samen in den Genitaltrakt der Frau übertragen wird. Bei der In-vitro-Fertilisation findet die Befruchtung im Reagenzglas statt, und wenn Sperma in die Eizelle eingespritzt wird, handelt es sich um eine sogenannte intrazytoplasmatische Spermieninjektion. Von einem Embryotransfer hingegen spricht man, wenn der Embryo, der durch eine künstliche Befruchtung entstanden ist, in die Gebärmutter der Frau eingebracht wird.
Etwa 54,4 Prozent aller Frauen ab 35 Jahren nutzen in der heutigen Zeit die künstliche Befruchtung im Vergleich dazu waren es im Jahre 1995 nur etwa 38,7 Prozent. Der Erfolg bei einer künstlichen Befruchtung beläuft sich im Jahre 2010 auf 29,3 Prozent und im Jahre 1972 waren nur 7 Prozent der künstlichen Befruchtungen erfolgreich.

Einen Teil der Kosten müssen die betreffenden Paare selbst tragen, wobei die gesetzlichen Krankenkassen auch einen Teil davon übernehmen. Hierzu müssen aber einige Kriterien erfüllt sein: Beide Partner müssen mindestens 25 Jahre alt und verheiratet sein. Die Frau darf die Altersgrenze von 40 Jahren nicht überschreiten und der Mann darf nicht älter als 50 Jahre sein. Des Weiteren müssen die Ei- und die Samenzelle vom Paar selbst stammen. Werden alle Bedingungen erfüllt, übernimmt die Krankenkasse 50 Prozent der Kosten für die künstliche Befruchtung. Das Paar zahlt neben den anderen 50 Prozent auch die anfallenden Kosten für Medikamente und ärztliche Behandlung.

Bildnachweis: © GiZGRAPHICS – Fotolia.com


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