IQ-Minderung bei Kindern durch Epilepsiemedikament Valproat
In der Schwangerschaft ist die Einnahme von Medikamenten stets problematisch. Viele Mittel können zu Komplikationen bei der Geburt und Fehlbildungen des Embryos führen. Das gilt auch für das weitverbreitete Epilepsiemedikament Valproat. Mehrere Studien haben nun aber noch eine weitere Nebenwirkung entdeckt: Die Einnahme von Valproat während der Schwangerschaft kann zu einer signifikanten IQ-Minderung des Kindes führen.
Epilepsiemedikamente in der Schwangerschaft
Für Frauen, die unter Epilepsie leiden, ist die Schwangerschaft oft eine besonders sorgenvolle Zeit: Es ist allgemein bekannt, dass alle gängigen Epilepsiemedikamente zu Missbildungen des ungeborenen Kindes führen können. Auf das Mittel verzichten können die Schwangeren dennoch nicht, da ein schwerer Krampfanfall zu Verletzungen und schlimmstenfalls sogar zum Tod von Mutter und Kind führen kann. Je niedriger die eingenommene Dosis des Medikamentes, desto geringer ist auch das Risiko für Fehlbildungen. Daher wird versucht, die Dosen so gering wie möglich zu halten, sodass Anfälle gerade noch verhindert werden und gleichzeitig die Gesundheit des Kindes so wenig wie möglich gefährdet wird.
IQ-Minderung durch Valproat
Mehrere Studien haben nun erwiesen, dass das Epilepsiemedikament Valproat auch die Intelligenzentwicklung von Kindern schädigen kann. Dabei können die Neugeborenen äußerlich völlig gesund erscheinen, sodass die geistigen Auffälligkeiten erst im Schulalter entdeckt werden. Eine Studie des Zentrums für Neurologie und Neurochirurgie in Liverpool befasste sich mit 249 Kindern von 6 bis 16 Jahren, deren Mütter in der Schwangerschaft mit Epilepsiemedikamenten behandelt worden waren. Die Mütter wiesen alle einen normal hohen IQ auf. Durch umfassende Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass die Kinder, deren Mütter Valproat eingenommen hatten, eine deutlich verschlechterte sprachliche Kompetenz aufwiesen. Die Kinder konnten sich normal bewegen und wiesen keine äußerlichen Auffälligkeiten auf. Bei den anderen untersuchten Epilepsiemedikamenten Carbamazepin und Phenytoin konnte keine Intelligenzminderung festgestellt werden.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie der Universität Helsinki mit 323 Teilnehmern. Auch hier führte die Einnahme von Valproat in der Schwangerschaft zu einer verminderten Intelligenz des Kindes. Eine groß angelegte Studie der Emory University Atlanta, USA, ergab ebenfalls, dass relativ hohe Einnahmedosen von Valproat in der Schwangerschaft zu verminderten sprachlichen Fähigkeiten und Gedächtnisleistungen der Kinder führten. Bei dieser Untersuchung standen Kinder bis zum Alter von sechs Jahren im Fokus.
Alternativen
Valproat gilt als Mittel der ersten Wahl bei Epilepsieanfällen, viele Ärzte haben mit diesem Mittel die meiste Erfahrung. Es ist auch nicht in jedem Fall möglich, einfach auf ein anderes Präparat umzusteigen. Manchmal ist Valproat das einzige Mittel, das zuverlässig wirkt. Andere Mittel können eventuell sogar schädlich sein. So weit es aber möglich ist, wird nun versucht bei Schwangeren ein alternatives Medikament zu verabreichen. Als unproblematisch haben sich vor allem Carbamazepin und Lamotrigin erwiesen.
Experten vermuten, dass die Valproinsäure den Folsäurehaushalt des Körpers beeinflusst. Um Fehlbildungen vorzubeugen, wird daher Epilepsiepatientinnen in der Schwangerschaft zusätzlich Folsäure verschrieben. Ob dies aber auch einer Minderung des IQ vorbeugen kann, ist nicht ausreichend erforscht. Insgesamt gelten Tagesdosen von über 1500 Milligramm Valproat als äußerst problematisch. Steht kein anderes Mittel als Valproat zur Auswahl, sollte zumindest darauf geachtet werden, dass die Dosis so weit wie möglich unter diesem Wert liegt.
Fazit
Der IQ von sechsjährigen Kindern gilt als zuverlässige Prognose für die Schulleistungen und die Intelligenz im Erwachsenenalter. Es ist daher anzunehmen, dass die Schäden im Gehirn, die während der Einnahme von Valproat in der Schwangerschaft entstanden sind, zu lebenslangen Beeinträchtigungen der betroffenen Kinder führen werden. Von daher ist dieses Mittel mit äußerster Vorsicht zu dosieren und wenn möglich durch Alternativpräparate zu ersetzen. Insgesamt sind aber noch weitere umfangreiche Testungen über den Einfluss von Epilepsiemedikamenten in der Schwangerschaft auf die Intelligenz von Kindern durchzuführen.
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