Schwanger im Studium
Wer sich nach dem Schulabschluss für ein Studium entscheidet, entscheidet sich gleichzeitig dafür, die nächsten Jahre viel Zeit zu investieren. Im Gegensatz zu Auszubildenden, die ein gewisses Grundgehalt bekommen, müssen Studierende, neben dem Besuch von Vorlesungen und dem Lernen, durch Nebenjobs ihr Leben finanzieren. Die Familienplanung steht für die meisten Studierenden außen vor, die Familie zu vergrößern ist bei Studenten kein Thema.
Manchmal passiert es trotzdem und die Studentin wird ungewollt schwanger, der Freund studiert ebenfalls und das Chaos scheint perfekt. Wie sollen die beiden Studium, Geld verdienen und Kind unter einen Hut bringen? Welche finanzielle Unterstützung gibt es? Kann das Leben so organisiert werden, dass zwischen Fläschchen richten und Windeln wechseln noch Zeit für Vorlesungen und Lernen bleibt? Welche Unterstützung ist vom Staat zu erwarten?
Die staatliche Unterstützung ist nicht in allen Ländern gleich
Während in Deutschland Studierende mit Kind eine Vielzahl an Möglichkeiten haben, sich Unterstützung vonseiten des Staates zu sichern, ist das in anderen Ländern nicht immer der Fall.
Auch in der Kinderbetreuung scheint es in anderen Ländern durchaus Lücken zu geben. Beispielsweise in Polen sieht die Situation nicht ganz so rosig aus. Polen verfügt zwar über Kindertagesstätten, dennoch muss man sich als Student diese Einrichtung erst einmal leisten können. Finanzielle Unterstützung gibt es in Polen auch: Umgerechnet 260 Euro erhalten frischgebackene Eltern als Einmalzahlung.
Regelmäßige Geldeinnahmen während des Studiums können in Form eines Stipendiums beantragt werden. Polnische Eltern erhalten auch Kindergeld, dennoch kann es in der Höhe der Auszahlung starke Unterschiede geben. In Deutschland hingegen scheint es, bezüglich der staatlichen Unterstützung, um einiges besser auszusehen. Im nachfolgenden Text erfahren Sie, wie Deutschland Studierende mit Kind unterstützt.
Das Elterngeld
Hat das Kind das Licht der Welt erblickt, sollte das Elterngeld (früher Erziehungsgeld) beantragt werden. Elterngeld bekommen all jene Antragsteller ausgezahlt, die nicht mehr als 30 Stunden in der Woche arbeiten. Der Mindestbetrag ist 300 Euro, auch wenn die Eltern nicht erwerbstätig sind/waren. Es ersetzt das wegfallende Erwerbseinkommen bis zu 67 Prozent und kann bis höchstens 1800 Euro betragen.
Der Anspruch auf Elterngeld beträgt zwölf Monate, bei Alleinerziehenden erhöht sich der Anspruch auf höchstens 14 Monate. 14 Monate werden auch dann gezahlt, wenn sich der Partner Elternzeit nimmt, das heißt, wenn sich die Eltern die Elternzeit teilen. Dies nennt man Partnermonate: Die Eltern haben die Möglichkeit, sich die Elternzeit so aufzuteilen, wie sie es möchten.Werden die zwei Partnermonate nicht genutzt, wird auch kein Geld bezahlt.
Mindestelterngeld
Seit November 2011 wird das Mindestelterngeld auf das ALG II (Arbeitslosengeld II) angerechnet. Bezieht man Arbeitslosengeld, kann es durchaus Sinn machen, die Elternzeit auf 24 Monate auszudehnen.
Es besteht in manchen Fällen auch die Möglichkeit, einen Kinderzuschlag zu beantragen, der höchsten 140 Euro monatlich beträgt. Der Kinderzuschlag wird gemeinsam mit dem Kindergeld ausgezahlt. Um den Kinderzuschlag zu bekommen, bedarf es eines gewissen Mindesteinkommens: Bei Paaren müssen mindestens 900 Euro im Monat erwirtschaftet werden und bei Alleinerziehenden beträgt das geforderte Einkommen 600 Euro. Erhält der Studierende BAföG, wird das zum Einkommen hinzugerechnet, Wohngeld und Kindergeld hingegen nicht.
Natürlich darf auch beim Einkommen eine gewisse Höchstgrenze nicht überschritten werden. Der Kinderzuschlag muss bei der Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit beantragt werden und wird auch von dieser Stelle ausgezahlt. Der Antrag muss in schriftlicher Form gestellt werden.
Geschwisterbonus
Wird im Zeitraum von 24 Monaten ein weiteres Kind geboren, wird ein Geschwisterbonus fällig.
Das Elterngeld sollte rechtzeitig beantragt werden, da die rückwirkenden Zahlungen höchstens bis zu drei Monaten geltend gemacht werden können. Um das Elterngeld zu beantragen, benötigen die Antragsteller folgende Unterlagen: Die Geburtsurkunde, Erwerbseinkommensnachweise, eine Arbeitszeitbestätigung sowie eine Bescheinigung über Mutterschaftsgeld (Krankenkasse) und eine Bescheinigung, bezüglich des Arbeitgeberzuschusses zum Mutterschaftsgeld.
Wer sich bezüglich des Elterngeldes im Vorfeld informieren möchte, kann die Internetseite des Bundesministeriums besuchen.
Beantragen von Kindergeld
Laut Gesetz hat jeder, der ein Kind hat und ständig in Deutschland lebt, Anspruch auf Kindergeld. Ausländische Studentinnen benötigen für den Anspruch auf Kindergeld eine Aufenthaltsgenehmigung.
Seit Januar 2010 werden für das erste Kind 184 Euro Kindergeld pro Monat gezahlt. Auch hierfür muss direkt nach der Geburt des neuen Erdenbürgers ein Antrag gestellt werden.
Der Antrag wir entweder beim öffentlichen Dienst oder bei der Familienkasse der Agentur für Arbeit gestellt. Auch hier sollte die Frist der rückwirkenden Zahlung von höchstens sechs Monaten beachtet werden. Die Zahlung des Kindergelds ist eine staatliche Leistung und steht auch Studierenden zu.
Das Mutterschaftsgeld
Mutterschaftsgeld erhalten all jene Frauen, die während der Schwangerschaft in einem Arbeitsverhältnis stehen, dass keine geringfügige Beschäftigung ist. Das Geld wird in der Zeit der Mutterschutzfrist ausgezahlt, sechs Wochen vor der Geburt des Kindes und acht Wochen danach. Die Höhe errechnet sich nach dem Einkommen der Frau und beträgt pro Kalendertag höchstens 13 Euro.
Ist die Frau selbst krankenversichert, übernimmt ihre Krankenkasse die Zahlung des Mutterschaftsgeldes. Bei studierenden Frauen ist das kaum der Fall, Studentinnen haben meist einen 400 Euro Job und erhalten daher eine Einmalzahlung des Bundesversicherungsamtes. Diese Einmalzahlung beträgt 210 Euro.
Der Kindesunterhalt
Der Kindsvater ist verpflichtet, Unterhalt für sein Kind zu zahlen, wenn das Kind allein bei der Mutter lebt. Nicht alle „Väter“ kommen dieser Verpflichtung nach. Die Mutter kann sich dann an das Jugendamt wenden, dass Unterhaltsvorschuss leistet.
Die Höhe des Unterhalts wird nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet und beträgt bis zum sechsten Lebensjahr des Kindes 127 Euro. Ab dem sechsten Lebensjahr erhöht sich der Unterhalt auf 170 Euro pro Monat.
Das BAföG
BAföG bedeuten Leistungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes und kann von Studenten beantragt werden. Wird eine Studentin, die BAföG bezieht, schwanger, muss sie dies bei der zuständigen Stelle melden. Aber nur in dem Fall, wenn Sie ihr Studium länger als drei Monate unterbricht. In der Regel wird nach dieser Unterbrechung kein Geld mehr bezahlt.
Schwangere Frauen haben jedoch die Möglichkeit, wird das Studium nach der Geburt des Kindes wieder aufgenommen, ihren Anspruch auf Förderung zu verlängern. Wird kein BAföG mehr bezahlt, haben Studentinnen die Möglichkeit, ALG II zu beantragen, natürlich nur dann, wenn sie die Voraussetzungen hierfür erfüllen.
Besteht außerdem schwangerschaftsbedingter Mehrbedarf, kann hierfür auch ein Antrag gestellt werden. Damit ist gemeint, wenn das Kind zum Beispiel eine besondere Ernährung benötigt. Kümmert sich der Vater nicht um sein Kind, besteht für die frisch gebackene Mama die Möglichkeit, nach der Geburt der Anspruch auf „Mehrbedarf für Alleinerziehende“. Dieser Anspruch gilt auch für diejenigen die Leistungen aus ALG II erhalten.
Kinderbetreuungszuschlag
Wer einen Kinderbetreuungszuschlag beantragt, darf beim ersten Kind mit 113 Euro pro Monat rechnen und beim zweiten Kind werden 85 Euro im Monat ausgezahlt.
Die Bundesstiftung Mutter und Kind
Eine Unterstützung der Bundesstiftung Mutter und Kind kann nur dann in Anspruch genommen werden, wenn geltende Voraussetzungen gegeben sind. Wenn beispielsweise andere soziale Leistungen zur Lebenshaltung von Mutter und Kind nicht ausreichen oder nicht rechtzeitig bezahlt werden und die Mutter sich in einer Notlage befindet.
Des Weiteren muss die werdende Mama in Besitz eines Mutterpasses sein oder ein Attest über ihre Schwangerschaft vorlegen können. Sie muss sich außerdem vor der Entbindung bei einer Schwangerschaftsberatungsstelle melden, um sich dort beraten zu lassen sowie den Antrag für die Unterstützung der Bundesstiftung Mutter und Kind stellen.
Wo können sich schwangere Frauen informieren?
Es gibt noch andere Stellen, bei denen sich schwangere Studentinnen informieren und nützliche Tipps erhalten können. Dazu zählen unter anderem bestimmte Studentenwerke, die Frauenbeauftragte, der AStA (Vertretung der Studenten), das Gleichstellungsbüro oder bestimmte Servicebüros, welche sich speziell an Studentinnen mit Kind richten.
Wer grundlegende Fragen, bezüglich der Schwangerschaft, der Geburt oder beim Umgang mit dem Neugeborenen hat, findet wertvolle Tipps auf der Internetseite www.eltern-ratgeber.info.
Gerade in Deutschland „kümmert man sich“ um schwangere Studentinnen und Mütter die mitten im Studium stecken. Wie oben zu lesen, gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich finanziell vom Staat unterstützen zu lassen. Ebenso sind Stellen vorhanden, bei denen sich schwangere Studentinnen im Vorfeld informieren können, welche Möglichkeiten es gibt, auch mit Kind das Studium fortzusetzten.
Trotz großer finanzieller Hilfe und wertvoller Tipps ist das Studieren mit Kind kein leichtes Unterfangen – auch in Deutschland nicht. Wer zwischen Kindertagestätte und Vorlesung pendelt, muss belastbar und gut organisiert sein. Es muss einerseits ausreichend Zeit zum Lernen zur Verfügung stehen und andererseits benötigen Studenten Zeit, um zu arbeiten. Dennoch fordert auch das Kind extrem viel Zeit von den Eltern und es interessiert das Baby nicht, ob die Eltern mitten im Studium stecken.
Mit der Geburt eines Kindes verändert sich alles: Nichts ist mehr, wie zuvor und vor allem eines wird Mangelware – die Zeit für sich selbst
Obwohl die meisten Studentinnen alles andere als schwanger werden wollen, werden durchaus auch Stimmen laut, die eine Schwangerschaft während des Studiums als etwas Positives ansehen. So wird beispielsweise argumentiert, wer sein Kind während des Studiums bekommt, hat später bei der Arbeit bereits ein Kindergarten- oder Schulkind und somit auch bessere Möglichkeiten, im Beruf durchzustarten. Ein anderes Argument besagt, dass, wer trotz Kind während des Studiums einen guten Abschluss macht, eine große Belastbarkeit bewiesen hat.
Wann ist der richtige Zeitpunkt ein Kind zu bekommen?
Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Während manche Menschen zuerst beruflich Karriere machen möchten, bevor sie an die Familienplanung denken, ist es für andere Menschen kein Problem, während eines Studiums oder einer Ausbildung ein Kind zu bekommen. Schaffen kann man beides – welche Variante alledings die richtige ist, muss jeder für sich selbst entscheiden.
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