Heultage oder Wochenbettdepressionen?
Schwangere Frauen stellen sich die Zeit nach der Geburt meist harmonisch und entspannt vor – doch leider stellen sich die Glückgefühle nach der Geburt nicht bei allen Frauen ein. Eine Wochenbettdepression stört die Harmonie zwischen Mutter und Kind und kommen oft nach Geburten vor.
Wochenbettdepressionen zeigen sich meist ein paar Tagen nach der Entbindung und werden in der Fachsprache postpartale oder postnatale Depressionen genannt.
Heultage oder Wochenbettdepression?
Von „Heultagen“ spricht man, wenn die Frau ein paar Tage nach ihrer Entbindung Stimmungsschwankungen ausgesetzt ist und wegen Kleinigkeiten, zu weinen beginnt. Dies ist meist auf die Hormonumstellung zurückzuführen und völlig normal. „Heultage“ verschwinden oft genauso schnell, wie sie gekommen sind. Dauern die depressiven Verstimmungen länger als ein paar Tage und treten verstärkt auf, handelt es sich meist um eine postnatale Depression. In schweren Fällen kann eine „richtige“ Wochenbettdepression auch chronisch werden und in besonders schweren Fällen besteht die Gefahr einer folgenden Wochenbettpsychose.
Hat eine Frau die Entbindung als besonders schwer empfunden, kann nach der Geburt auch eine posttraumatische Belastungsstörung auftreten. Nach Früh- oder Todgeburten oder nach der Geburt eines behinderten Kindes, kann es ebenfalls zu depressiven Reaktionen kommen.
In Prozent ausgedrückt heißt das
Die sogenannten Heultage erleben 50 bis 70 Prozent aller Frauen, die ein Kind zur Welt gebracht haben und 19 bis 15 Prozent der Frauen leiden unter einer Wochenbettdepression. Mit 0,1 bis 0,2 Prozent aller Gebärenden treten Wochenbettpsychosen nur sehr selten nach einer Geburt auf. Ungefähr drei Viertel aller Wochenbettdepressionen sowie Wochenbettpsychosen entwickeln sich bei Erstgebärenden. Die posttraumatischen Belastungsstörungen liegen bei 1 bis 2 Prozent und eine depressive Reaktion nach der Geburt eines behinderten Kindes oder nach einer Früh- oder Todgeburt treten bei 20 bis 40 Prozent aller Fälle auf.
Mögliche Ursachen einer Wochenbettdepression
Die Hormonumstellung ist neben dem Schlafmangel und der veränderten Lebenssituation häufig der Grund der sogenannten Heultage. Eine schwerwiegende Wochenbettdepression entwickelt sich gerne bei zusätzlichen Partnerschaftsproblemen und wenn die soziale Unterstützung nicht gegeben ist. Auch bei zu hohen eigenen Erwartungen an die Mutterrolle, die nicht erfüllbar sind, kann es zu einer schweren Wochenbettdepression kommen.
Körperliche Ursachen sind nicht selten für eine Wochenbettdepression verantwortlich
Hierzu zählen unter anderem Schilddrüsenstörungen oder Eisenmangel. Bestimmte Medikamente sowie Komplikationen bei der Geburt können ebenfalls Auslöser für diese Erkrankung sein. Sind bereits in der Schwangerschaft Depressionen aufgetreten oder hatte die Frau vor der Schwangerschaft eine psychische Erkrankung, können sich auch diese Faktoren günstig auf die Wochenbettdepression auswirken. Dies gilt ebenso für die in der Familie vorkommenden psychischen Erkrankungen.
Frauen, die traumatische Geburten nicht richtig verarbeitet haben, leiden im Nachhinein oft an posttraumatischen Belastungsstörungen – auch frühere traumatische Erlebnisse können hier wieder zum Tragen kommen.
Verlustereignisse, insbesondere wenn sie nicht richtig verarbeitet wurden, sind häufige Auslöser für depressive Reaktionen. Wer ein krankes oder behindertes Kind zur Welt gebracht hat, kämpft oft mit der Sorge um die Gesundheit sowie um die dazu nötigen Maßnahmen, was auch depressive Reaktionen zur Folge haben kann.
Die Diagnose einer Wochenbettdepression
Die „Edinburgh Postpartum Depression Scale“ ist ein Test, der, bei dem Verdacht einer Depression in der Schwangerschaft und nach der Geburt eines Kindes, genutzt wird. Hier müssen die Frauen zehn Fragen beantworten, die das seelische Befinden betreffen.
Wie zeigt sich eine Wochenbettdepression?
Zunächst sind die betroffenen Frauen sehr empfindlich sowie gereizt und haben Stimmungsschwankungen. Der weitere Verlauf ist geprägt durch Niedergeschlagenheit sowie Appetitlosigkeit und Schlappheit. Dazu kommen Konzentrationsprobleme und Schlafstörungen.
Während die hormonbedingten Heultage etwa nach zehn Tagen wieder abklingen, kommt eine Wochenbettdepression schleichend und entsteht während der ersten Wochen nach einer Geburt.
Postnatale Psychosen entstehen meist in den ersten zwei Wochen nach der Entbindung und zeigen sich zusätzlich mit Verhaltensveränderungen und unbegründeten Ängsten. In besonders schweren Fällen erweitern Wahnvorstellungen und Halluzinationen das Bild einer Psychose.
Bei depressiven Reaktionen stehen die Frauen unter Schock und ein Gefühl der inneren Taubheit macht sich breit. Diesem Zustand folgt eine länger anhaltende Depression.
Posttraumatische Belastungsstörungen zeigen sich durch Albträume und Schlaflosigkeit sowie durch eine große Traurigkeit und den sozialen Rückzug. Das Auftreten der posttraumatischen Störungen ist unterschiedlich: Manchmal tritt die Störung gleich nach der traumatisch wahrgenommenen Entbindung auf, in anderen Fällen erst sehr viel später.
Wie eine Wochenbettdepression verläuft, hängt unter anderem davon ab, wann sie festgestellt wurde. Da diese Depression schwer zu diagnostizieren ist, kommt es immer wieder vor, dass die Frauen erst sehr spät mit einer Therapie beginnen, was sich wiederum negativ auf die Mutter-Kind-Beziehung auswirkt. Wird mit der Therapie zu spät begonnen, kann es durchaus vorkommen, dass die Frau den großen Leidensdruck nicht mehr aushalten kann und sich Selbstmordgedanken einstellen.
Therapie
In schweren Fällen einer Wochenbettdepression muss professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden. Neben Gesprächstherapien, ist auch eine medikamentöse Behandlung zu empfehlen. Hier muss allerdings darauf geachtet werden, dass manche Medikamente in die Muttermilch übergehen und dem Säugling schaden können. In manchen Fällen wird auch eine stationäre Behandlung notwendig. Einige Kliniken bieten eine Mutter-Kind-Behandlung an. Ganz wichtig ist die Unterstützung vom Partner und sonstigen Angehörigen. Auch Selbsthilfegruppen haben sich bewährt.
Wie sieht es mit Vorbeugung aus?
Können schwangere Frauen im Vorfeld etwas tun, damit es erst gar nicht zur Wochenbettdepression kommt?
Manche Frauen sind persönlich oder familiär vorbelastet, andere Frauen haben noch nie etwas mit psychischen Erkrankungen zu tun gehabt. Prinzipiell kann eine Wochenbettdepression jede Frau betreffen. Um dieser Erkrankung vorzubeugen, ist es ist sehr wichtig, einen guten sozialen Rückhalt zu haben und in sich selbst gefestigt zu sein. Eine gute Partnerschaft und die Unterstützung von der Familie können helfen, das Risiko einer Erkrankung zu mindern.
Zuviel Fürsorge wiederum, kann eher das Gegenteil erzeugen
Gerade bei depressiven Reaktionen ist es wichtig, die eigene Mutterrolle nicht über zubewerten und sich auch nicht, mit anderen „Super-Müttern“ zu vergleichen. Viele Vorstellungen, die Frauen sich während ihrer Schwangerschaft machen, lassen sich nicht zu Hundert Prozent verwirklichen – denn manchmal kommt alles anders als man denkt. Die Situation so annehmen, wie Sie eben ist, ist die beste Vorbeugung gegen depressive Reaktionen.
Frauen, die sehr sensibel sind oder schon einmal unter Stimmungsschwankungen gelitten haben, sollten bei etwaigen Anzeichen einer Depression schnell handeln und eine professionelle Hilfe suchen. Aber auch all die anderen Frauen, die bisher psychisch gesund waren, tun gut daran, sich bei den ersten Anzeichen vertrauensvoll an ihren Arzt zu wenden.
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